Dieser Weg wird kein leichter sein: Verbesserung der Schutzbekleidung von Feuerwehrfrauen

Institut für Arbeitswissenschaft sowie Institut für Textiltechnik, RWTH Aachen

Organisation:
sonstige
Kategorie:
Innovative Konzepte
Anschrift:
52074 Aachen

Über das Projekt

Bitte erzählen Sie uns von Ihrem Projekt in einer kurzen Zusammenfassung.

Mit einem interdisziplinären Forschungsteam aus Studierenden, Doktoranden und PostDocs betrachten wir die Geschlechtergerechtigkeit von Schutzbekleidung bei der Feuerwehr.

Eine unserer Interviewstudie zeigte: Feuerwehrfrauen fühlen sich schlechter durch die Feuerwehrbekleidung geschützt als Feuerwehrmänner. Sie vertrauen der Schutzbekleidung auch weniger; die Schutzbekleidung passt ihnen schlechter: Während die Schutzbekleidung in der Schulter zu weit ist, ist sie an der Brust zu eng. An der Taille wiederum ist die Schutzbekleidung zu weit, an der Hüfte und den Oberschenkeln zu eng. Ärmel und Beinlinge sind zu lang.

Unsere Auswertungen von Unfallberichten zeigen: Feuerwehrfrauen haben ein signi!kant höheres Risiko für mehr und schwerere Unfälle als Feuerwehrmänner. Auch die Art der Verletzungen unterscheidet sich.

Wir untersuchen die Zusammenhänge zwischen den Körperformen von Feuerwehrfrauen und -männern, den zur Verfügung stehenden Modellen von Schutzbekleidung und dem Unfallverhalten bei den Feuerwehren. Zwar können wir noch nicht zweifelsfrei den Zusammenhang zwischen schlecht passender Schutzbekleidung und einem bei Frauen höherem Unfallrisiko nachweisen, konnten jedoch Zusammenhänge mit hoher Wahrscheinlichkeit aufzeigen, wie weibliche Unfallschwerpunkte mit schlechtsitzender Schutzbekleidung zusammenhängen könnten. So ist es z.B. bei einem erheblich größeren Anteil von Stolperverletzungen von Feuerwehrfrauen naheliegend, diese auf in der Hüfte zu engen und zu langen Hosen sowie für weibliche Fußformen zu breiten Schuhen zuruückzuführen.

Wir konnten bereits Hemmnisse identi!zieren, die den Feuerwehren die Beschaffung von besser auf die Vielfalt innerhalb der Feuerwehren abgestimmte Schutzbekleidung erschweren: Herstellungs- und Beschaffungsanweisungen von Feuerwehrschutzbekleidung sowie Informationsmaterial zur Prävention berücksichtigen noch nicht in ausreichendem Maße den stetig ansteigenden Anteil von Feuerwehrfrauen.

Welche Situationen oder Anlässe haben Ihr Projekt ausgelöst?

Die langsam wachsende Diversität in den Feuerwehren führt zu neuen Fragen: Ist die Feuerwehrschutzbekleidung gut auf die Bedürfnisse der zunehmend vielfältigen Nutzerschaft abgestimmt? Eine Befragung mit über 1.700 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus den deutschen Feuerwehren zeigte, dass Feuerwehrfrauen erheblich unzufriedener sind als Feuerwehrmännern und der Schutzbekleidung weniger vertrauen. Die Deutlichkeit der Ergebnisse war überraschend. Um dem interdisziplinären Feld um die technische und äußere Gestaltung von Feuerwehrschutzbekleidung sowie von mit der Bekleidung verbundenen organisatorischen Fragen gerecht zu werden erfolgt die weitere Bearbeitung daher mit einem interdisziplinären Team aus zwei Lehrstühlen und unter praxisnaher Einbindung von Anwendungspartnern.

Welche Ziele verfolgt Ihr Projekt?

Es werden drei Ziele verfolgt, die iterativ aufeinander folgen. Zunächst wird ermittelt, an welchen Stellen Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner unter-schiedliche Bedürfnisse bei der Nutzung von Schutzbekleidung haben und inwiefern diese Unterschiede bereits adressiert werden. Darauf aufbauend wird untersucht, ob die aktuelle Feuerwehrschutzbekleidung Frauen und Männer gleichermaßen schützt. Abschließend werden Vorschläge zur konstruktiven Gestaltung, zum organisatorischen Umgang und zur Beschaffung von Schutzbekleidung sowie zur Anpassung von Normen und Rechtvorschriften im Zusammenhang mit Schutzbekleidung vorgelegt und an geeigneter Stelle eingebracht.

Welche Schritte haben Sie bisher umgesetzt, um diese Ziele zu erreichen? Welche Zielgruppen sprechen Sie an und wie erreichen Sie diese?

Zunächst wurden über 1.700 Angehörige deutscher Feuerwehren in einer standardisierten Befragung zu ihren Erfahrungen mit Feuerwehrschutzbekleidung befragt. Die Umfrage wurde mit Hilfe von Fachverbänden verteilt. Die Ergebnisse der Befragung wurden mit Beiträgen in Newslettern und Zeitschriften und durch Fachvorträge im "Feuerwehrkosmos" in die Feuerwehren getragen, um auf die Unterschiede im Körperbau von Frauen und Männern und die Konsequenzen für Schutzbekleidung hinzuweisen. Zusätzlich wurde sich mit Fachbeiträgen in Zeitschriften und auf Konferenzen in die wissenschaftliche Debatte eingebracht. Anschließend wurden Unfalldaten der gesetzlichen Unfallversicherungen aus-gewertet, um die bisherigen Ergebnisse zu validieren und weitere Handlungsfelder zu identifizieren. Gegenwärtig werden Handreichungen zu ad-hoc-Maßnahmen vorbereitet, um den Ortsfeuerwehren aufzuzeigen, wie mit geringem Aufwand im Bestand Verbesserungen möglich sind.

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